Selbstständig machen – aber mit wem?

Die Kanzleigründung mit einer Freundin oder einem Freund ist eine spannende Herausforderung. Es gibt aber auch gewisse Tücken und Risiken zu beachten, um eine erfolgreiche Partnerschaft auf Augenhöhe aufzubauen und die Kanzlei stabil zu führen.

Gemeinsames Ziel

Viele Themen – viele Gedanken – ein Plan:

Am Anfang gilt es, das gemeinsame Ziel zu definieren. Man sollte sich darüber klar und einig werden, wohin die Reise in absehbarer Zeit gehen soll. Das betrifft vor allem die Themen Wachstum, Umsätze, Einstellung welcher und wie vieler Mitarbeiter (Assistenz, Rechtsanwaltsanwärter, Juristen), soll es am Ende des Tages eine große, mittlere oder kleinere Kanzlei werden/bleiben, etc.

Zu schnelles Wachstum kann genauso ein Problem sein wie zu langsames bzw. kein Wachstum, dies immer abhängig vom gemeinsam definierten Ziel und der Kanzleiphilosophie.

Nicht jede Kanzlei will groß werden und nicht jede Kanzlei will klein bleiben. Deshalb ist es – auch wenn es gerade am Anfang wirklich schwer ist – wichtig, gemeinsam herauszufiltern, ob man in dieselbe Richtung und auf dasselbe Ziel blickt.

 

Aufgabenverteilung

Weiters müssen Rollen und Verantwortlichkeiten definiert und verteilt werden. Bei der Partnerschaft muss einem klar sein, dass jeder über gewisse Stärken und Schwächen verfügt. Wo der eine in der Akquise ein Ass ist, ist der andere in der internen Kanzleiverwaltung unschlagbar. Man muss die Stärken nutzen, das ist klar. Aber man kann auch die jeweiligen Schwächen als Stärken nutzen: Dafür muss man nur die internen Aufgaben klug verteilen, jeder macht das, was ihm liegt. Und es ist eigentlich immer so, dass der eine die Schwächen des anderen ausgleicht und umgekehrt.

Hierbei ist eine Grundhaltung essentiell: Alle Aufgaben sind gleichwertig. Wenn einer dazu tendiert, dass sein Beitrag in der Kanzlei wertvoller ist als jener des anderen, dann liegt schon die erste Schieflage vor und irgendwann geht es senkrecht bergab.

Also seid euch bewusst (und so ist es in der Regel): Man kann eigene Aufgaben nur deshalb erledigen, weil der andere seine Aufgaben erledigt.

Ein eingängiges Beispiel ist die Akquise und das inhaltliche Arbeiten: Wenn man gut im Netzwerken ist (und das benötigt einiges an Zeit 😉 ), bringt das alleine für sich genau gar nichts. Man wird das Vertrauen der Mandanten nur behalten und stärken, wenn die Arbeit auch qualitativ in angemessener Zeit erledigt wird. Nun ist es in der Praxis oft so, dass einer akquiriert und der andere das Mandat abarbeitet oder der andere die Stellung in der Kanzlei hält – es geht also nur gemeinsam.

Kommunikation

Weiters ist sicherstellen, dass man effektiv zusammenarbeitet.

Aber was bedeutet das eigentlich? Das bedeutet, dass man regelmäßig und ehrlich kommuniziert und Entscheidungen gemeinsam trifft. Regelmäßig kommunizieren klingt einfach, ist es aber nicht: In der Hektik des Alltags drohen viele Themen, vielleicht auch Themen die einen ärgern, unter zu gehen. Dadurch kann Frust entstehen. Das muss man verhindern. Und genau das ist unter Freunden oft schwierig, weil die emotionale Komponente stärker ausgeprägt ist und man dazu neigt, entweder gewisse (unangenehme) Dinge nicht anzusprechen oder schneller über störende Umstände hinwegsehen zu wollen (was auf die Dauer nicht gelingen wird).

Auch das mit der Ehrlichkeit ist unter Freunden oft schwierig, weil man den anderen natürlich nicht verletzen will. Deshalb ist es unerlässlich, sachlich und wertungsfrei miteinander zu sprechen.

Als Team ist man nur so gut wie das schwächste Mitglied. Deshalb ist es gerade unter Freunden wichtig, Zeit und Nerven für die essentielle Kommunikation einzuplanen.

Grenzen

Letztendlich hängt der Erfolg der gemeinsamen Kanzlei auch von der Fähigkeit ab, klare Grenzen zwischen persönlichen und geschäftlichen Angelegenheiten zu ziehen. Ansonsten sind Konflikte und Spannungen vorprogrammiert. Wenn Freunde nicht in der Lage sind, diese Herausforderung zu bewältigen, könnte dies nicht nur zu einem Scheitern der Kanzlei führen, sondern auch zum Ende der Freundschaft.

Wenn die Herausforderung gemeistert wird, kann die Kanzlei nicht nur erfolgreich sein, sondern auch die Freundschaft daran wachsen. Denn man erlebt im Arbeitsalltag so Manches, das man sich kaum vorstellen kann. Und genau diese Erlebnisse schweißen Freunde zusammen.

Fazit: DO´s & DONT´s

Gemeinsames Ziel definieren, Aufgaben klug verteilen, Grenzen setzen, direkt und ehrlich kommunizieren und das Wichtigste: Auf Augenhöhe bleiben und nicht abheben. Man verliert sich dabei aus dem Blick und das ist meist der Anfang vom Ende.

by SCHÜRZ & KARLSBÖCK Rechtsanwälte

Julia Schürz und Janine Karlsböck sind Rechtsanwältinnen & Mütter. Julia studierte Rechtswissenschaften an der Universität Wien, Janine studierte Rechtswissenschaften an der JKU. Beide absolvierten ihre gesamte Rechtsanwärterzeit in einer renommierten Wirtschaftskanzlei in Linz. Im Jahr 2021 gründeten die beiden ihre eigene Kanzlei „SCHÜRZ & KARLSBÖCK Rechtsanwälte“ mit 0 Mandaten. Der Schwerpunkt ihrer Tätigkeit liegt im Bereich Vertragsrecht, Gesellschafts- und Unternehmensrecht, IT-Recht sowie Familienrecht. Ihre Mandanten beraten die beiden mit fachlicher Expertise, einem Hauch Kreativität und Hausverstand.

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